Offener Brief zur Gestaltung des Geländes Kranhalle – alter Schrottplatz


Integration statt Verdrängung:

Anders als Ehrenfeld, setzt Braunsfeld bislang weniger auf kulturelle Vielfalt und verspielt dadurch seine Potentiale (Bel Air/Jack in the Box/Projektwerkstatt Holodeck und viele andere kulturelle/subkulturelle Orte verschwinden aus dem Viertel). Die Kulturachse nach Ehrenfeld aber sollte verstärkt werden. Statt einseitig Wohn- und Dienstleistungsviertel zu erbauen, wäre es für die zukünftige Lebensqualität im Viertel wichtig, insbesondere die kleineren kulturellen Strukturen, mit ihren Eigenarten sinnvoll zu unterstützen und in integrativen Stadtentwicklungskonzepten zu denken.

Beachtung des Bürgerfriedens

Die anliegenden Anwohner der Alsdorfer Straße und die Bewohner der Osterinsel sind besorgt angesichts einer möglichen infrastrukturellen Überbelastung:
Im Rahmenplan sind die Vorgaben 100-200 Wohnungen sowie der Erhalt des Stadtklima durch Grünschneisen definiert. In dem von Pandion vorliegenden Plan wird das nur nebensächlich behandelt. Mehr als 300 Wohnungen sollen entstehen ohne jegliches Verkehrskonzept. Das ist unakzeptabel für die Bewohner der Alsdorfer Straße. REWE-Grundstücke, auf die sich die Osterinsel hin ausdehnt, sollen offenbar bebaut werden. Mit solchen Plänen strapaziert der Investor die ohnehin angespannte Lage zwischen der Stadt Köln und ihren Wagenplätzen.

Erhalt der natürlich gewachsenen Grünflächen:
Die Unmsetzung der Pläne von Pandion hätte zur Folge: Die Fällung der existenten Akazien/Flieder/Birken/Kirschen/Weiden-Wäldchen sowie die Vertreibung von Fledermäusen/Eulen/Falken/Specht/Eichelhäher/Zaunkönig u.v.m. Ein
Gutachten durch den BUND wird vorbereitet.

Erhalt der Kranhalle

Der Abriss der alten Kranhalle schien bislang beschlossene Sache. Wenngleich derzeit nicht denkmalgeschützte Anlage, wäre es tragisch, dieses aus der Historie eines vorwiegend industriell und Arbeiter-geprägten Ehrenfeld stammende Bauwerk einfach aus dem Gedächtnis und dem Stadtbild zu radieren. Die Nutzungmöglichkeiten der Kranhalle wären außerordentlich vielfältig.

Die Notwendigkeit sozialen Wohnungsbaus
ist unabredbar.
Die Investoren versichern als “Leistungsträger” ein Einbringen von ca 20-30 Prozent. Tatsächlich werden umfangreich „hochwertige“, das heißt hoch-preisige Wohnungen geschaffen. Ein liebloser Handel bleibt es, wenn dabei grundsätzlich Wirtschaftsinteressen im Vordergrund stehen. Das hat gravierende städtbauliche, soziale und ästhetische Auswirkungen, die unser Stadtbild und die Möglichkeiten unseres Zusammenlebens in Köln empfindlich beeinträchtigen. Nahezu jeglicher freie Raum in Köln, der noch vor kurzem brach lag oder durch Kreative aus allen Bereichen genutzt wurde, wird verkauft, gekündigt und umgeplant. Lukrativ für  Investoren sind hochwertige Eigentums- und Wohnmietsobjekte oder Büros – Ateliers nur in recht geringem Maße. Freiraumstrukturen bringen offenbar wirtschaflich wenig. Ihre Überlebenschancen sind daher gering, wenn nicht ein politscher Wille zur stadtpolitischen Debatte, Vermittlung, Respekt und Anerkennung besteht. Nur so entstanden in der Vergangenheit Räume wie z.B. die “alte Feuerwache” im Agnesviertel. Solche Orte sind außerordentlich wichtig für den urbanen Raum.

Neuauflage Bürgerbeteiligung: Die Stadt muss gemeinsam entwickelt werden. Die Osterinsel markiert die Grenze zwischen Ehrenfeld/Braunfeld. An der Kranhalle könnte ein wunderbares Areal entstehen. Es besteht doch mehr öffentliches Interesse als erwartet an den Plänen von Stadt und Investor. In den Bedürfnissen, Befürchtungen und Forderungen von Anwohnern und Osterinsel liegen auch Chancen für eine sinnvolle Umwandlung der Kranhallenbrache. Es wäre von großem Nutzen, anliegende Gewerbe, Anwohner, Investor und Osterinsel erneut zur gemeinsamen Entwicklung des konkreten Bebauungsplans einzuladen. Eine Bürgerbeteiligung Stufe III wäre
auch angesichts der Ausdehnung des Areals angebracht.

Erhalt der historisch gewachsenen Gleisstruktur und der Grünstreifen:
Nach dem Ankauf weiterer Flächen durch Pandion und eine raumgreifende alles nivellierende Planung ist nicht nur die Osterinsel, sondern der Erhalt von Grünflächen und Gleisstruktur gefährdet. Diesebeschreiben einen Bogen, die sogenannte Gleisharfe. Pandion plant wirtschaftlich, eckig, und gerade. Wir befürchten eine phantasielose einseitige und überdimensionale Blockbebauung wie an schon zu vielen Stellen in Köln. Aber insbesondere an diesem Ort würde ein solche Bebauung Unwillen Unverständnis und permanenten Vandalismus auf sich ziehen, zumal die abgeschottete Blockbebauung für ein finanziell gut aufgestelltes Clientel sowohl für die Anwohner der Alsdorfer Straße wie auch Bewohner der Osterinsel sehr desintegrativ erscheint.

Stattdessen könnte ein stadtgeschichtlicher Parkour entstehen, der Stadtviertel, lebendige Kulturachsen, Gegenwart, Historie und Zukunftskonzepte mit einander verbindet.

Die Baukosten
wären deutlich geringer, wenn Natur und Gebäude weiterentwickelt und integriert würden. Ein mehr als 40 Jahre alter Baubestand, gewachsene Fauna und Flora müssen nicht kostspielig geräumt werden, um klinisch anmutende Parkanlagen entstehen zu lassen. Mit dem Vorhaben der raumgreifenden Blockbebauung würde Köln einen einmaligen charakteristischen Ort verspielen. Die erhaltene Bausubstanz ist in einem gutem Zustand. Eine vitale Achse könnte entstehen zwischen Ehrenfeld, dem Heliosquartier, der Aachener Str, dem Stadtwald und der Universität – ein ambitioniertes städteplanerisches Projekt.

Erhalt der Osterinsel:
Eine Lebensgemeinschaft wie die Osterinsel, die aus einer Besetzung hervorgegangen ist und seit knapp 16 Jahren die alte HGK-Gleise soziokulturell belebt und pflegt, erachten wir als schützenswert.
Die Osterinsel ist ein gewachsener Kulturort. Wäre es nicht notwendig, solche ursprünglich subkulturellen Orte und Strukturen mit ihren zahlreichen sozialen und kulturellen Aufgaben von Anfang an in die Planung mit einzubeziehen?
Seit vielen Jahren leben wir an diesem Ort offen organisiert, bieten barrierefrei Wohn-/Lebens- und Wirkungsraum für Sprayer, Obdachlose, Jugendliche, Flüchtlinge, Künstler, Studenten, Reisende. Wir nutzen regenerative Energien, haben den Wald vor Rodung bewahrt und von illegalen Müllkippen befreit und hier einen wunderbaren Ort geschaffen.

Wir reichen an dieser Stelle einen eigenen Entwurf für das Kranhallenareal ein. Dessen Kernpunkte sind:

Erhalt der Kranhalle als Bürgerzentrum Braunsfeld/Ehrenfeld als Marktplatz, Polyvalente Veranstaltungshalle, Turnierort, Sportplatz, Theater und Konzertplatz.

Studentenwohnheim: Ein geschwungener Bau mit begehbarem Dachpark statt ein abgeschiedener Block hochpreisiger Woheinheiten wäre hier vorstellbar. Die Veranstaltungshalle würde durch das Wohnheim offen eingefriedet, das korrespondierend zur Gleislinienführung zur Kranhalle hin ansteigt. Im unteren Bereich befinden sich überschaubar Gastronomie und Einzelhandel. Für ein Wohnheim sprechen sowohl die sinnvolle Verjüngung der Bevölkerungstruktur Braunsfeld, die Universitätsnähe, die größere Akzeptanz für kulturelle Veranstaltungen, als auch die Möglichkeit, mehr Wohnraum bei geringerem Raumbedarf zu schaffen.

Kita/Spielplatz: Rundhäuser von geringerer Höhe und phatasievoller Gestaltung aus nachhaltigen/recycleten Baustoffen könnten im friedlichsten Teil des Geländes liegen, hinter dem Wohnheim mit Übergang zu Park und Wagenplatz.

Integration Wagenplatz: ein organischer, kreativer Übergang zwischen Wagenplatz und Kranhallenareal an zwei Durchbrüchen durch die Ziegelmauer und die ästhetische Verknüfung architektonischer Merkmale im Bereich Kita Spielplatz Rundhäuser sind möglich.

Eine ambitionierte Architektur für Köln: zwei stadtbildprägende Türme für Studios und Ateliers mit Blick über Stadt/Stadtwald wären ein Bauprojekt, mit dem die Pandion als Erbauer der Kranhäuser ihre Verantwortung und ihr Know-How für Köln einsetzen könnte.

Shared Spaces: Ein zukunftsorientiertes Durchwegungskonzept, Verkehrsanbindung an den Kreisel. Stolberger Str. 90 über REWE-Parkplatz erscheinen uns sinnvoll.

Busschleife/Bike-/Carsharing/Radweg/Stadtparkours Busschleife vor der Kranhalle, Nutzung der alten Stores als Park- und Sharingpoint würden zukunftsorientierte Verkehrspolitische Impulse setzen.

ökologische/nachhaltige Bauweise: Die Begrünung von Dächern/Fassaden, Photovoltaig auf den nach Süden ausgerichteten Flächen bieten sich an.

Bügerpark Jugendzentrum und Freiraumstruktur: Der Erhalt der natürlichen Baum und Strauchbestände, die Integration von urban-gardening sowie des schon vorhanden Imkerei-Renaturierungsprojekt des BUND auf der REWE-Parzelle wären sinnvoll im Bereich der
Kita/Spielplatz.

Jugendzentrum: Jugendliche aus dem Viertel kommen täglich auf das Gelände und sollten auch weiterhin hier ihren Ort finden. Die ursprünglichen Büro und Verwaltungsräume bieten dafür umfangreich Raum.

Insgesamt glauben wir an eine sinnvolle Vermittlung der Interessen von Pandion, Stadt Köln, Anwohner Alsdorfer Straße, Gewerbetreibende Widdersdorfer, Osterinsel und Kreativwirtschaft Braunsfeld/Ehrenfeld sowie den Belangen von Natur- und Denkmalschutz.

Bei einer kompromissfähigen gemeinsam erarbeiteten Lösung würde Köln ein einzigartiges Projekt von großer Bedeutung gelingen.

Mit freundlichen Grüßen
Osterinsel e.V.

Oktober 2018

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